Der Landessportbund Hessen (lsb h) hat mit Sympathie die Gründung des Vereins „Athleten Deutschland“ verfolgt. „Wir befürworten das Ziel des Vereins, die Bedürfnisse der Athleten bei der Spitzensportförderung noch mehr in den Fokus zu rücken und damit beste Bedingungen für ihren Sport zu schaffen“, sagt lsb h-Präsident Dr. Rolf Müller heute in Frankfurt.
Zwar sei auch im Zusammenhang mit der anstehenden Spitzensportreform des DOSB immer wieder die Rede davon gewesen, die Sportler in den Mittelpunkt zu stellen. „Im Laufe des Reformprozesses wurde dies von den Athleten aber immer mehr als leeres Versprechen wahrgenommen – sonst hätte es die Gründung des Vereins ,Athleten Deutschland‘ wohl nicht gegeben“, formuliert Müller deutlich.
Als bestes Beispiel dafür sieht er das im Reformprogramm vorgesehene Grundprinzip der Konzentration. „Es kann nicht sein, dass Verbände ihre Athleten zum Umzug zwingen wollen, selbst wenn am neuen Standort keine besseren Bedingungen herrschen und der Athlet sein komplettes Umfeld samt Studien- oder Ausbildungsplatz zurücklassen muss“, sagt der lsb h-Präsident.
Als Beispiel führt er die Leichtgewichtsruderin und Vize-Weltmeisterin Kathrin Thoma an, die für die Frankfurter Rudergesellschaft Germania 1869 startet. Sie weigerte sich, der Forderung ihres Verbandes zu folgen und an den Stützpunkt nach Berlin zu wechseln. Als Reaktion darauf wurden ihr wichtige Fördergelder und ein Stipendium gestrichen. „Die Folge ist, dass Kathrin Thoma sich nun verstärkt selbst finanzieren muss. Dadurch sinken ihre Chancen, ihre sportlichen Leistungen zu verbessern“, erklärt Werner Schaefer, Leiter des Olympiastützpunktes Hessen.
„In Hessen haben wir mit Olympiasieger Fabian Hambüchen und Weltmeister Marco Koch gleich zwei Weltklasse-Athleten, die ihren ganz eigenen Weg gegangen sind, sich gegen das Training an einem Bundesstützpunkt entschieden haben und trotzdem – oder gerade deshalb – auch international sehr erfolgreich waren bzw. sind“, so Schaefer weiter. Bereits im Februar hatten sich Müller und er deshalb gegen eine prinzipielle Zentralisierung ausgesprochen – eine zentrale Forderung, die nun auch vom Verein „Athleten Deutschland“ vertreten wird.
„Natürlich hätte ich es für besser empfunden, wenn die Gründung des neuen Vereins nicht nötig geworden wäre. Dazu hätte der Deutsche Olympische Sportbund aber frühzeitig die Kompetenzen der Athletenkommission stärken und die Vertretung weiter professionalisieren müssen“, ist Landessportbund-Präsident Müller überzeugt. Den großen Nachbarn vom DOSB rät er deshalb nun, die Bestrebungen der Athleten ernst zu nehmen und dem neu gegründeten Verein auf Augenhöhe zu begegnen. „Uns alle verbindet der Wunsch, dass Deutschland von erfolgreichen, aber auch glücklichen Athleten vertreten wird. Gemeinsam sollten wir deshalb an einer Verbesserung der Bedingungen arbeiten. Der Landessportbund Hessen sichert hier gerne seine Zusammenarbeit zu.“
Auf Landesebene, so Müller, habe man bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen: Unter dem Oberbegriff „Hessischer Weg“ stehen Landessportbund, Olympiastützpunkt, die Stiftung Sporthilfe Hessen und das Hessische Ministerium des Innern und für Sport seit Monaten in regem Austausch, um zusammen mit Trainern und Athleten die Rahmenbedingungen vor allem im Nachwuchsbereich zu verbessern.