"Ich sehe keinen Grund dafür, jetzt zu sagen ‚es muss jetzt was passieren‘. Der Druck, der gerade da aufgebaut wird, kommt aus der Industrie, mit ihren kommerziellen Interessen und aus der Politik, die keine Ahnung hat.“ Mit klaren Worten hat der Vizepräsident Sportentwicklung des Landessportbundes Hessen (lsb h), Ralf-Rainer Klatt, dafür plädiert, die Debatte darüber, wo und wie Computerspiele in den Strukturen des organisierten Sports verortet werden können, konstruktiv und offen weiterzuführen. Er hielt sein Plädoyer für mehr Gelassenheit auf der Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „E-Sport – Zukunftsfaktor oder Irrwege für Sportvereine und Verbände?“ im „Kultus“ des TuS Griesheim.
Zunächst hatte lsb h-Präsident Dr. Rolf Müller die Teilnehmenden begrüßt und die Position des Landessportbundes erläutert. Neben Fragen der Ethik sieht Müller die kommerzielle Abhängigkeit von den Spieleherstellern als eines der gravierendsten Probleme. Dennoch plädierte er für eine offene Diskussion, die möglichst frei von Polemik sein sollte.
Dieser Aufforderung kamen die rund 80 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus Vereinen, Sportkreisen und auch Politik im Anschluss daran nach und erlebten einen engagiert und durchaus kontrovers geführten Diskurs zum Thema.
Nachdem Dr. Daniel Illmer zunächst die Entstehung der aktuellen Debatte nachgezeichnet und die sportpolitische Position des DOSB deutlich gemacht hatte, diskutierten lsb h-Vizepräsident Ralf-Rainer Klatt, Frederik King vom TV Niederrodenbach und Timo Schneidler, Lehrer an der Gerhart-Hauptmann-Schule in Griesheim, die mit dem TuS Griesheim sowohl beim klassischen Sport als auch bei E-Sport kooperiert.
Während der sportpolitische Teil der Podiumsdiskussion kaum neue Erkenntnisse brachte und sich die Teilnehmer an Sportdefinitionen und der Einordnung verschiedener Sportarten (Boxen, Schach) abarbeiteten, wurde es beim Blick auf die Basis spannend, denn im Publikum waren einige Vereinsvertreter, die sich ganz konkret mit dem Thema „E-Sports als Vereinsangebot“ beschäftigen und entsprechende Fragen an King, Klatt und Schneidler stellten. Unbestritten war bei allen Teilnehmern, dass es sich bei „E-Sports/E-Gaming“ um einen Megatrend handelt, der inzwischen Teil der Jugendkultur geworden ist. „Wir sehen uns da als Verein gefordert, denn wir sind Teil der kommunalen Gemeinschaft und sehen uns in der Pflicht, soziale Verantwortung zu übernehmen“, brachte Ralf-Rainer Klatt die Beweggründe des TuS Griesheim für sein Engagement auf den Punkt. Ähnlich argumentierten auch Frederik King (TV Niederrodenbach) und Jan Köhler vom 1. Frankfurter E-Sport Verein. „Wir sprechen von 4,5 Millionen organisierten Computerspielern in Deutschland“, betonte King die Größe der Gaming-Szene. „Für eine sinnvolle Betreuung der Spieler braucht man allerdings Trainer und Betreuer, die sich um die jungen Spieler kümmern. Einfach nur Raum zum Spielen bereitzustellen, kann nicht Sinn der Sache sein.“
Im anschließenden „World-Café“ sammelten die Teilnehmenden Ideen, Anregungen und Kritik rund um das Thema E-Sports. Die Ergebnisse werden vom Geschäftsbereich Sportentwicklung ausgewertet und werden als Inhalte in künftige Diskussionen mit einfließen.