Wie kann man Menschen im besten Alter in Bewegung bringen und was können Sportvereine dazu beitragen? Das sind die Kernfragen, die der Landessportbund Hessen (lsb h) zusammen mit der Stadt, dem Kreis und dem Sportkreis Offenbach im Modellprojekt „Gesund älter werden bewegt“ beantworten will. Der offizielle Startschuss für das im Rahmen des Landesprogramms „Sportland Hessen bewegt“ geförderte Projekt fiel jetzt bei einer Fachkonferenz im Haus des Lebenslangen Lernens in Dreieich.
„Sport und Bewegung wirken sich positiv auf die Gesundheit aus. Das noch stärker im öffentlichen Bewusstsein zu verankern, ist ein wichtiges Ziel unserer Initiative ,Sportland Hessen bewegt‘. Das Modellprojekt in Offenbach ist dabei ein wichtiger Baustein, mit dem ältere Menschen angesprochen werden sollen. Schließlich ist es dem Land Hessen wichtig, dass seine Bürger bis ins hohe Alter fit bleiben – körperlich und seelisch“, sagte Oliver Palme, Referatsleiter Breiten- und Leistungssport einschließlich Gesundheitssport im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport.
Wichtigste Zielgruppe ist dabei die Generation der „Babyboomer“. Warum das so ist, erläuterte Dr. Michael Mutz, Professor für Sozialwissenschaften des Sports an der Justus-Liebig-Universität Gießen: Die steigende Lebenserwartung und die Tatsache, dass die Zahl der Deutschen mit jeder Generation abnehme, lasse die Gruppe der über 55-Jährigen stetig anwachsen. „Dabei entwickelt es sich mehr und mehr zur Normalität, dass auch Ältere sportlich aktiv sind“, so Mutz. Von den rund 50 Prozent, die regelmäßig Sport treiben, tun dies aber nur 20 Prozent in einem Sportverein. Gleichzeitig seien viele Ältere nur passive Mitglieder in einem Verein.
„Warum? Vielleicht, weil das Angebot sie nicht mehr so stark anspricht“, vermutete Mutz. Mit drei Fragen setzt er Impulse, was im Laufe des Projekts diskutiert werden könnte: Wie lassen sich die Bedarfe der Älteren besser im Verein abbilden? Wie können aus passiven Mitgliedern wieder aktive werden? Und wie können auch sozial benachteiligte Menschen erreicht werden?
Antworten darauf sollen nun in der Modellregion Offenbach gefunden werden. Koordinatorin, Ansprechpartnerin und „Kümmerer“ vor Ort – in der Geschäftsstelle des Sportkreises Offenbach – ist Landessportbund-Mitarbeiterin Miriam Seib. Sie bezeichnete es als ihre Aufgabe, ein starkes Netzwerk aufzubauen: „Ob Vereinsverantwortliche, Verwaltungsmitarbeiter oder Ärzte: Wir benötigen alle, um die Ist-Situation zu analysieren, passende Angebote zu entwickeln und nötige Veränderungen in den Vereinen anzustoßen“, so Seib.
Verschiedene Veranstaltungen, in denen sich Multiplikatoren und Mitglieder der Zielgruppe einbringen können, stehen deshalb genauso auf dem Programm wie die Qualifikation von Übungsleitern. Dazu gehört die Schulung im AlltagsTrainingsProgramm und im Alltags-Fitness-Test, niedrigschwelligen Angeboten für Personen, die nie oder lange nicht sportlich aktiv waren.
Vereine sollen bei der Entwicklung und Umsetzung neuer, zielgruppengerechter Angebote unterstützt und in Sachen Vereinsentwicklung beraten werden. „Insbesondere die Öffnung der Vereine für Personenkreise, die bisher kaum Berührungspunkte mit dem organisierten Sport hatten, soll so vorangetrieben werden“, sagte Seib. Laut Prof. Dr. Michael Mutz betrifft dies etwa Personen mit Migrationshintergrund und/oder sozial schwächer gestellte Personen. „Um sie zu erreichen, benötigen wir ein großes Netzwerk. Wir laden Sie deshalb ein, mitzumachen und sich mit Ideen einzubringen“, richtete sich Seib an die rund 100 Gäste.
Das Projekt „Gesund älter werden bewegt“ ist auf fünf Jahre ausgerichtet und soll in dieser Zeit auch auf andere Sportkreise ausgedehnt werden. „Ich bin stolz, dass Offenbach Vorreiter ist. Im Sportkreis, in der Stadt und im Kreis Offenbach haben wir längst erkannt, wie wichtig dieses Zukunftsthema ist. Wir sind deshalb mit voller Überzeugung dabei“, versprach Sportkreisvorsitzender Peter Dinkel.
Ralf-Rainer Klatt, Vizepräsident Sportentwicklung des lsb h, sprach zum Abschluss von einem „lernenden Projekt“: „Wir werden den Verlauf kontinuierlich evaluieren, um herauszufinden, was gut läuft und wo in Zukunft Veränderungen und Verbesserungen nötig sind. Viele Erkenntnisse werden sich auf andere Sportkreise übertragen lassen – gleichzeitig wollen wir die regionalen Besonderheiten nie aus dem Auge verlieren.“
Ansprechpartnerin für das Projekt „Gesund älter werden bewegt“ ist Miriam Seib, Offenthaler Str. 75, 63128 Dietzenbach, Telefon: 06074 693390, E-Mail: mseib-of@lsbh.de