Der Sport in Hessen lässt sich von der Pandemie nicht ausbremsen: Dieses positive Signal ist bei allen Sorgen vom Hauptausschuss des Landessportbundes Hessen e.V. (lsb h) am Samstag in Wiesbaden ausgegangen. Erstmals seit zwei Jahren hatten sich die Delegierten der 23 hessischen Sportkreise, 60 Fachverbände und 14 Verbände mit besonderen Aufgaben dort unter strengen Hygiene-Auflagen in Präsenz getroffen, um die Zeit seit Beginn der Corona-Pandemie Revue passieren zu lassen und den auf den 25. Juni 2022 verschobenen Sportbundtag mit Präsidiums-Neuwahl vorzubereiten.
Landessportbund-Präsident Dr. Rolf Müller beschönigte in seiner Rede nicht, wie schwierig die Lage ist: „Die komplexen, sich häufig verändernden Regeln stellen unsere knapp 7.600 hessischen Vereine noch immer vor große Herausforderungen. Wir befürchten, dass der Mitgliederrückgang sich auch 2021 fortgesetzt hat und wissen um die finanziellen Einbußen, die selbst die großzügigen Förderprogramme des Landes Hessen nicht vollständig ausgleichen können. Am meisten besorgt uns aber die psychosoziale Komponente.“ So gebe es im ehrenamtlichen Bereich Ermüdungseffekte und Demotivationen und die Rekrutierung neuer Kräfte falle schwer.
Gleichzeitig habe die Pandemie gezeigt, „wie anpassungsfähig, kreativ und robust die Vereine sind. Mit tollen Konzepten, Aktionen und Ideen, von denen die eine oder andere diese Pandemie sicher überdauern wird, haben sie gegen den Bewegungsmangel gekämpft und den Menschen nicht selten auch Mut und Zuversicht vermittelt“, so Müller.
„Sportvereine sind für den Zusammenhalt in der Gesellschaft unverzichtbar“, betonte auch der Hessische Minister des Innern und für Sport, Peter Beuth. Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende sah es ähnlich und erwähnte insbesondere die Rolle des Sports bei der Jugendarbeit: „Im Verein kann man fürs Leben lernen.“ Die Sportfamilie – die Trainer/innen und Übungsleitenden, die Vereinsvorsitzenden und Sportkreis-Funktionär/innen, die Verbands-Verantwortlichen, aber auch die Mitglieder – hätten in den vergangenen Monaten Herausragendes geleistet, waren sich Minister und OB einig. Beuth lobte außerdem die gute Zusammenarbeit mit dem Landessportbund Hessen, der in der Pandemie stets für ein verantwortbares Mehr an Sport gekämpft und sich kompetent eingebracht habe. Für die zahlreichen Initiativen, die der Verband trotz Corona fortgesetzt oder angestoßen habe, dankte er ausdrücklich.
Welche das sind, wurde in den Berichten der lsb h-Präsidiumsmitglieder deutlich. So wird mit dem bis Ende 2022 verlängerten Landesprogramm „Mehr Prävention für unser Sportland Hessen“ die Bewegungsförderung über alle Altersklassen hinweg verbessert. „Die Vernetzung mit Partnern und die Einbindung und Unterstützung von Vereinen aller Größen sind dabei wichtige Pfeiler“, so der Vizepräsident Sportentwicklung, Ralf-Rainer Klatt. Eine digitale Gesundheitswoche Anfang November bot zudem Möglichkeiten für Fortbildungen und Austausch zu diesem wichtigen Thema.
Generell setzte der lsb h im Bildungsbereich vermehrt auf Blended-Learning-Formate. Mit einem Mix aus digitalen, hybriden und Präsenzformaten gelang es 2021, alle Übungsleiter- und Vereinsmanager-Ausbildungen wie geplant durchzuführen und die Angebote sogar zu erweitern – etwa im Bereich Krebsnachsorge, berichtete Prof. Dr. Heinz Zielinski, Vizepräsident Schule, Bildung und Personalentwicklung. In einem „Zukunftslabor“ in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Kultusministerium wurden trotz aller pandemiebedingten Engpässe neue Perspektiven für die Wiederbelebung dieses wichtigen Kooperationsfelds erarbeitet. „Kein Lernen ohne Bewegung“ sei nach 18 Monaten Pandemie umso wichtiger, betonte Zielinski.
Mit einer finanziellen Förderung wurden die Sportkreisjugenden erfolgreich ermutigt, Aktionen zum Erhalt und Ausbau ehrenamtlichen Engagements im Nachwuchsbereich zu starten. Als „Jugend-Roadshow“ soll diese Idee auch 2022 fortgesetzt werden, so Sportjugend-Vorsitzende Juliane Kuhlmann. Im Leistungssport konnte Vizepräsident Lutz Arndt auf Olympische und Paralympische Spiele in Tokio zurückblicken, die aus hessischer Sicht durchaus erfolgreich waren. Den eingeschlagenen „hessischen Weg“, Trainer/innen und Athlet/innen stärker in Entscheidungen einzubinden, wolle man auch künftig fortschreiten.
„Beratung und Förderung sind Kernaufgaben des Landessportbundes“, erklärte Dr. Frank Weller, Vizepräsident Vereinsmanagement. Seine Ausführungen bestätigten die Aussage von Sportminister Beuth. Dieser hatte zuvor betont, dass „die Mitgliedsbeiträge, die die Sportvereine an den lsb h entrichten, sich in den vergangenen zwei Jahren mehrfach bezahlt gemacht“ hätten. So wurden Baumaßnahmen und die Anschaffung von langlebigen Sportgeräten in Millionenhöhe gefördert und die Zuschüsse für Übungsleiter um zehn Cent pro Stunde erhöht. Energieberatungen von Vereinen wurden trotz Corona nicht ausgesetzt und rund um die Pandemie habe man für eine Art „Sorgen-Telefon“ und die stets aktuellen Hinweise auf der Webseite des Landessportbundes viel Lob erhalten.
Zu der – trotz der vorhandenen Sorgen – guten Stimmung unter den Delegierten trug auch der Blick auf die Haushaltsentwürfe für das Jahr 2022 bei, die der Vizepräsident Finanzmanagement, Helmut Meister, vorstellte. Zwei Millionen Euro mehr pro Jahr stehen dank der Erhöhung der „Lotto-Mittel“ zur Verfügung. Die entsprechende Änderung des Hessischen Glücksspielgesetzes hatte der Hessische Landtag im Frühsommer beschlossen. 300.000 Euro davon will der Landessportbund jährlich in den Bereich Digitalisierung investieren. Der Rest wird paritätisch unter den Verbänden, den Sportkreisen mit ihren Vereinen sowie dem Landessportbund selbst aufgeteilt. Obwohl insbesondere im Bereich der Sportschulen Corona-bedingt weiterhin mit verminderten Einnahmen zu rechnen ist, geht Meister von einem ausgeglichenen Haushalt aus, den die Delegierten einstimmig bewilligten.
Einstimmig wurde auch der bis Ende 2024 laufende Sportversicherungsvertrag mit der ARAG bis Ende 2030 verlängert. Die ausgehandelten Verbesserungen in den Bereichen Unfall- und Haftpflichtversicherung wirken sich dabei nur minimal auf den Beitrag aus, den Vereine für jedes ihrer Mitglieder entrichten müssen.
Gut aufgestellt steuert der Landessportbund Hessen somit auf eine neue Ära zu: Wenn am 25. Juni 2022 – und damit neun Monate später als ursprünglich geplant – der Sportbundtag als höchstes Entscheidungsgremium des Verbandes zusammentrifft, wird Müller nicht mehr als Präsident kandidieren. Für seine Nachfolge haben sich bisher die derzeitige Sportjugend-Vorsitzende Juliane Kuhlmann und der Vizepräsident Schule, Bildung und Personalentwicklung Prof. Dr. Heinz Zielinski beworben. Um dessen Amt wollen Katja Köhler-Nachtnebel (Sportkreis Schwalm-Eder) und Uwe Steuber (Sportkreis Waldeck-Frankenberg) kandidieren. An der Nachfolge von Lutz Arndt (Leistungssport) haben bisher die ehemalige Schwimmerin Annika Mehlhorn sowie Martin Rumpf (Hessischer Leichtathletik-Verband) Interesse angemeldet, wie der Vorsitzende des Wahlausschusses, Robert Huber, am Ende des Hauptausschusses informierte. Weitere Bewerbungen sind möglich.
Der Sportbundtag war aufgrund der pandemischen Lage verschoben worden. Sportkreise und Verbände erhielten dadurch mehr Zeit, ihre eigenen Sportkreis- und Verbandstage Corona-konform durchzuführen.