Sport und Demokratie
Für die Werte des Sports
– gegen rechtsextreme Positionen
Das Präsidium des Landessportbundes Hessen e.V. (lsb h) hat bei einer Klausurtagung Anfang Mai seine Haltung gegen antidemokratische und rechtsextremistische Gruppierungen bekräftigt. In einem Sieben-Punkte-Papier stellt der Dachverband des hessischen Sports klar, dass er „konsequent für die demokratischen Werte des Sports“ eintritt.
„Der Landessportbund Hessen ist parteipolitisch neutral. In unserer Satzung bekennen wir uns aber klar zu den Grundsätzen der Kinder- und Menschenrechte sowie zur Demokratie – und wir wenden uns gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit sowie antidemokratische, nationalistische und antisemitische Tendenzen. Daher beziehen wir kritisch und deutlich Stellung, wenn politische Äußerungen unseren Werten widersprechen. Dies gilt für alle Formen von Extremismus“, sagt lsb h-Präsidentin Juliane Kuhlmann im Nachgang zur Klausurtagung. Angesichts aktueller Entwicklungen, auf Grundlage der Expertise von Sicherheitsbehörden sowie vom DOSB in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten habe man sich entschieden, mit dem aktuellen Positionspapier explizit Rechtsextremismus in den Blick zu nehmen.
Wichtige Punkte des Papiers: Personen, die als Funktionsträger*innen oder aktive Mitglieder von antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Parteien oder Gruppierungen erkennbar sind oder sich öffentlich klar gegen die Werte des Sports stellen, werden nicht in Gremien des lsb h berufen, für Preisvergaben vorgeschlagen oder zu Veranstaltungen des Landessportbundes eingeladen. Zudem werden Vertreter*innen des lsb h nicht an Veranstaltungen teilnehmen, die von antidemokratischen Gruppierungen oder Parteien organisiert oder gesponsert werden. Auch die Sportjugend Hessen, die Jugendorganisation des Landessportbundes Hessen, bekennt sich auf Grundlage eines Vorstandsbeschlusses zu diesen Grundpositionen.
Als relevante antidemokratische, rechtspopulistische oder rechtsextremistische Parteien in Hessen gelten laut Positionspapier insbesondere die AfD, Die Heimat (ehemals NPD) und Der III. Weg.
Das vollständige Positionspapier kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden.
FAQ: Was Sportorganisationen
jetzt wissen sollten
Aktuell engagieren sich viele Menschen und Organisationen gegen rechtsextremes Gedankengut. Sie treten für Menschenrechte und unsere Demokratie ein - und damit für Themen, die für den organisierten Sport zentral sind. Der Wunsch, sich auch öffentlich dafür zu positionieren, ist bei vielen Sportorganisationen groß. Dabei gibt es offene Fragen, z.B.: Wie können wir uns als Verein gegen Rechtsextremismus positionieren? Dürfen wir uns explizit gegen bestimmte Parteien aussprechen, obwohl wir parteipolitisch neutral sind?
Diese FAQ-Sammlung (Frequently Asked Questions = oft gefragte Fragen) bietet erste Informationen und weiterführende Arbeitshilfen für Sportvereine zum Umgang mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Positionen in der Gesellschaft. Hier erhalten Sie Antworten auf Fragen, die derzeit von Sportvereinen, Sportkreisen und Sportfachverbänden an uns herangetragen werden.
Darf ein Sportverein an einer Demonstration teilnehmen?
Ja, das Recht auf Versammlungsfreiheit gilt auch für Sportvereine. Der Verein muss die allgemeinen Grundrechte beachten, so wie alle anderen Teilnehmenden der Demonstration auch.
Dürfen Sportvereine und Sportorganisationen zu Kundgebungen und Demonstrationen gegen Rechtsextremismus aufrufen?
Ja, gemeinnützige (Sport-)Vereine dürfen sich zu (tages-)politischen Themen positionieren und auch zu Kundgebungen gegen Rechtsextremismus aufrufen. Sie sind zwar parteipolitisch neutral, aber nicht gesellschaftspolitisch neutral. Bei den momentanen Kundgebungen wird gegen die Verbreitung menschenfeindlicher Positionen demonstriert, denn diese verstoßen gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und gegen die Werte des Sports. Sportvereine als Teil unserer Gesellschaft dürfen sich gesellschaftspolitisch äußern und leisten mit ihrer Positionierung einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Demokratie. Die Vereinskultur selbst basiert auf demokratischen Grundwerten, wie mitgestalten, mitentscheiden und mitstreiten. Durch demokratie- und menschenfeindliche Aussagen von Organisationen und Parteien ist unsere Vereins- und Gesellschaftskultur unter Druck, Demonstrationen gegen Rechtsextremismus tragen zum Erhalt unserer offenen Vereinskultur bei.
Wie könnte der Wortlaut des Aufrufs zu einer Demonstration gegen Rechtsextremismus formuliert sein?
“Liebe ..., wir, der (Vereinsname) stehen für Respekt, Vielfalt und Fairplay. Wir sind dankbar für unsere vielfältige Sportgemeinschaft. Wir verurteilen alle rassistischen und menschenverachtenden Ideen, Äußerungen und Handlungen und treten diesen entschieden entgegen. Wenn rechtsextreme Parteien, Gruppierungen oder Akteure unsere demokratischen Strukturen angreifen, müssen wir gemeinsam aufstehen und laut werden, denn jetzt ist gemeinschaftliches Handeln jeder einzelnen Person gefragt. Wir rufen euch dazu auf, an der (Veranstaltungsname) teilzunehmen, denn wir sind #dieMehrheit!”
Hinweis: Auch das Hashtag #SportlebtDemokratie kann verwendet werden.
Ist die Gemeinnützigkeit gefährdet, wenn ein Verein sich politisch äußert?
Nein, die Gemeinnützigkeit eines Sportvereins ist nicht gefährdet. Ein Sportverein darf sich sport- und gesellschaftspolitisch äußern. Dies gilt auch dann, wenn ein gesellschaftspolitisches Engagement nicht in der Satzung verankert ist.
Wichtige Fragen zur “Politischen Neutralität des Sports” wurden im Rechtsgutachten von Prof. Dr. Martin Nolte im Auftrag der Deutschen Sportjugend geklärt und sind in mehreren Erklär-Filmen sowie in einer praxisorientierten Broschüre anschaulich erläutert.
Was sagt das Rechtsgutachten zur “Politischen Neutralität des Sports” zu den Möglichkeiten der Positionierung von Sportvereinen?
(Auszug) “Sportvereine haben das Recht zu gesellschaftspolitischen Positionierungen im Rahmen ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit aus Art. 5 Abs.1 GG sowie Art. 8 Abs. 1 GG. Das Gemeinnützigkeitsrecht verbietet allerdings allgemeinpolitische Positionierungen sowie parteipolitische Zweckverfolgung.”
Darf ein Sportverein bei der Vereinsanmeldung die politische Parteizugehörigkeit abfragen?
Nein, diese Abfrage ist nicht zulässig. Zudem darf eine Parteizugehörigkeit nicht als einziger Grund genannt werden, um eine Vereinsmitgliedschaft zu verweigern. Auch eine entsprechende Satzungsregelung ist nicht zulässig.
Jeder Verein darf selbst entscheiden, welche Personen er aufnimmt und welche nicht. Eine Nichtaufnahme sollte immer inhaltlich begründet werden, z.B. weil bekannt ist, dass diese Person einer rechtsextremen Gruppierung angehört oder rassistische Äußerungen in der Öffentlichkeit gemacht hat usw.
Ist es zulässig, als Sportverein ein Statement gegen Rechtsextremismus zu veröffentlichen (bspw. ein Banner in der Sporthalle o.ä.)?
Ja, ein Statement oder eine Positionierung des Vereins ist zulässig. Dies kann durch eine Satzungsergänzung, durch ein Leitbild oder auch durch das Aufhängen eines Banners in der Sporthalle oder vor dem Vereinsheim zum Ausdruck gebracht werden. Sportvereine sind zwar parteipolitisch neutral, aber nicht gesellschaftspolitisch neutral. Sie sind frei bzw. aufgerufen, sich zu positionieren und ggf. auch ihre Mitglieder zu schützen. Rechtsextreme oder rechtspopulistische Akteure, Organisationen oder Gruppierungen verstoßen gegen die Werte des Sports, vor allem gegen den zentralen Wert Vielfalt der Gesellschaft. Sie betrachten bestimmte Teile unserer Gesellschaft als “nicht zugehörig” und möchten diese Menschen ausschließen.
Warum sollten Vereine jetzt Haltung zeigen und sich äußern?
Indem sich Vereine aktiv gegen Diskriminierung, Rassismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit aussprechen, senden sie eine klare Botschaft und vertreten offen die Werte des Sports.
Ein Verein, der sich gegen menschenfeindliche Positionen äußert, schützt Menschen innerhalb und außerhalb des Vereins, die von Diskriminierung betroffen sind. Weiter stärkt er Menschen, die sich für eine tolerante und offene Gesellschaft engagieren.
Wie positionieren sich Landessportbund und Sportjugend Hessen und wo finde ich Aussagen zu ihren Grundsätzen und Werten?
Programmatische Festlegungen zu Grundsätzen und Werten finden sich vor allem in der Satzung (insbesondere § 6) und der Jugendordnung (insbesondere § 3): https://www.landessportbund-hessen.de/wir-ueber-uns/satzung-und-ordnungen/
Darüber hinaus hat sich das Präsidium des Landessportbundes Hessen Anfang Mai in einem 7-Punkte-Papier positioniert (siehe oben). Das Papier kann hier eingesehen werden.
Warum positioniert sich der lsb h explizit gegen Rechtsextremismus?
Wir beziehen kritisch und deutlich Stellung, wenn politische Äußerungen unseren Werten widersprechen. Dies gilt für alle Formen von Extremismus. In unseren Sportvereinen und Verbänden besteht bereits seit längerer Zeit der Bedarf an Beratung und Unterstützung zum Thema "Umgang mit Rechtsextremismus”, zuletzt zunehmend. Einflussnahmen durch andere extremistische Strömungen haben im hessischen Sport derzeit keine erkennbare Relevanz. Die gesellschaftspolitischen Entwicklungen lassen derzeit den Kampf gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus stark in den Vordergrund treten. Dies bestätigt auch der aktuelle Verfassungsschutzbericht Hessen: “Der Rechtsextremismus ist unvermindert die größte Gefahr für unsere Demokratie” – und damit die größte Gefahr für einen zentralen Wert des lsb h!
Gibt es in Hessen ein Beratungsangebot für Vereine, Sportkreise oder Verbände, die unsicher sind, was sie dürfen und was nicht, oder wie sie das Thema Werte im Sport weiterentwickeln können?
Die Sportjugend Hessen berät Sportvereine, Sportkreise und -verbände kostenlos und zeitnah bei Fragen im Kontext von:
Demokratie(-feindlichkeit), Rassismus, Behindertenfeindlichkeit, (Rechts-)Extremismus, Aufnahme/Ausschluss von Mitgliedern, wertebasierten Satzungsfragen, Erstellung von Leitbildern
Ansprechpersonen:
Angelika Ribler, E-Mail: ARibler@ sportjugend-hessen.de
Nico Mikulic, E-Mail: NMikulic@ sportjugend-hessen.de
Gibt es eine Positionierung von DOSB und Deutscher Sportjugend (dsj) zum Umgang mit antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien, Gruppierungen und Akteuren?
Ja, diese ist im Positionspapier von DOSB und dsj (2020) zusammengestellt. Unter der Überschrift “Klare Haltung für eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft” werden Richtlinien zum Umgang mit antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien, Gruppierungen und Akteur*innen erläutert. Die Positionierung umfasst konkrete Umsetzungsmaßnahmen, z.B. gegen eine Einladung von rechtsextremen Akteuren zu Veranstaltungen des DOSB/der dsj, gegen die Besetzung von Gremien mit (Zitat) “Personen, die als Funktionsträger*innen oder aktive Mitglieder von antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien oder Gruppierungen erkennbar sind oder sich öffentlich klar gegen die Werte des Sports stellen”.
Wo gibt es weitere rechtliche Informationen zum Thema “Positionierung gegen Rechtsextremismus/Rechtspopulismus im Sport”?
Prof. Dr. Martin Nolte hat in einem Rechtswissenschaftlichen Gutachten verschiedene Situationen zusammengestellt, mit denen Sportvereine in diesem Kontext konfrontiert sind.
Wo gibt es weitere inhaltliche Informationen zum Thema “Rechtsextremismus/Rechtspopulismus/Werte des Sports”?
Weitere Informationen, Erläuterungen etc. sind auf der Seite “Sport mit Courage” der Deutschen Sportjugend (dsj) zusammengestellt.
Weitere Informationen
- Positionen von DOSB und dsj (Stand: Februar 2024)
- Positionierung von dsj und DOSB zum Umgang mit antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien, Gruppierungen und Akteur*innen „Klare Haltung für eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft“
- Menschenrechts-Policy des DOSB und der dsj und Erklärfilm
- dsj-Handreichung „RECHTSsicherheit im Sport - Politisch neutral?! Umgang mit Positionierungen, Vermietungen, Einladungen“
- Rechtswissenschaftliches Gutachten „Parteipolitische Neutralität von Sportvereinen“ von Prof. Dr. Martin Nolte
- dsj-Informationsflyer „Mit Schutz und Rückendeckung: Was Vereine und Engagierte gegen rechtsextreme, menschenfeindliche und antidemokratische Angriffe tun können“
- Materialsammlung „Sport mit Courage“, u.a. mit dem Themendossier „Sport, Werte und Politik - Zwischen Neutralität und Haltung zeigen“ (mit z.B. einem Artikel zum Thema Satzungen)
- Podcast „Tauziehen – zu Politik und Sport“, u.a. die Folgen zu „Sport und Demonstrationen gegen Rechts“, „Neutralität im Sport“ und „Sport und Rechtsextremismus“
Stand: Mai 2024