Solange maßgebliche Persönlichkeiten aus der Gamingbranche und den E-Sport-Verbänden sowohl gewaltverherrlichende als auch rein sportartbezogene Computerspiele unter dem Begriff „E-Sport“ subsumieren, ist eine Verständigung mit dem organisierten Sport nur schwer möglich. Diesen klaren Standpunkt hat der Präsident des Landessportbundes Hessen e.V., Dr. Rolf Müller, am Freitag auf der Jenaer Sportmanagement-Tagung 2019 vertreten.
Die stand unter der Überschrift „E-Sport: Revolution im Sport?“ Müller beleuchtet hier die Frage, ob E-Sport für den organisierten Sport „Zukunft oder Irrweg“ bedeutet. Dabei machte Hessens Sportbund-Präsident unmissverständlich deutlich, dass Spiele, in denen es um das simulierte Zerstören und letztlich auch das simulierte Töten geht, mit den ethischen Werten und den Grundpositionen des Sports unvereinbar sind. „In vielen Computerspielen aus dem Bereich des E-Gaming ist Erobern, Zerstören und Töten letztlich ausschlaggebend für Sieg oder Niederlage. Das hat mit den Wertvorstellungen des Sports nicht nur nichts zu tun, sondern gefährdet auch sportprägende Werte wie Toleranz, Fairplay, Ablehnung von Gewalt und Diskriminierung sowie ein friedliches Miteinander“, so Müller in Jena.
Eine weitere Diskrepanz sieht Müller in den „Wettkampfregeln“. Der lsb h-Präsident: „Die Autonomie über die Wettkampfregeln und die Wettkampforganisation gehört elementar zum Sport.“ Diese Autonomie passe nicht zum Milliardengeschäft der E-Gaming-Branche. „Hier werden die Spielregeln aus kommerziellen Gründen von den Unternehmen, die geistige Eigentümer der Spiele sind, vorgegeben.“
Durchaus vorstellen kann sich Dr. Rolf Müller demgegenüber eine mögliche Implementierung elektronischer Sportartensimulationen in den Alltag bestimmter Sportvereine. Voraussetzung ist freilich die positive Klärung gemeinnützigkeitsrechtlicher Fragen. Computerspiele und -sportarten wie „Fifa“, Segeln, Tennis oder Basketball sind Müllers Auffassung nach geeignet, den Brückenschlag zum organisierten Sport zu bilden. Mit solchen digitalen Sportsimulationen könnten beispielsweise Vereinsaktivitäten erweitert und möglicherweise bislang sportferne Personen für eine Vereinsmitgliedschaft und den aktiven Sportbetrieb gewonnen werden.
Weiterhin könnten virtuelle Sportangebote Menschen mit Behinderung noch stärker in das Vereinsgeschehen einbeziehen. Unter diesen Gesichtspunkten „ist E-Sport für Sportvereine und -verbände nicht zwingend ein Irrweg. Trotzdem liegt die Zukunft des Sports meiner festen Überzeugung nach weiterhin in seinem Kerngeschäft. Das ist ein qualitatives, anspruchsvolles und differenziertes Sportangebot innerhalb einer Vereinsgemeinschaft. Digitale Ansätze können dabei durchaus unterstützend wirken“, so Müller abschließend.